Von Osno Lubuskie nach Miedzychod, 105 km, 6.12 Std. im Sattel (und daneben s.u.)
Heute stand die Hammertour auf dem Plan. Mit 105 km die längste der Tour. Dazu kam eine lieblich anzuschauende Landschaft mit welligem Profil. Die letzten Eiszeitgletscher haben kräftig gearbeitet und so eine Strecke für uns installiert, die es in sich hatte. Rhythmus war nicht ins Pedal zu bringen, entweder ging es rauf oder runter. Die Ritzel und Zahnkränze sprühten vor Anspannung, ständig hüpfte die Kette wie vor Freude von einem zum anderen. So wurden alle 27 Gänge gebraucht und durchgearbeitet. Man versucht halt, die eingesetzte Power (Newtonmeter) immer gleich hoch zu halten, damit die Muskeln nicht übersäuern. Gelingt nur, bis man im 1. Gang angekommen ist. Dann heißt es strampeln bis die Oberschenkel glühen. Auch wenn die Steigungen nur wenige 100 m lang sind geht es an die Kondition. Konsequente Pausen sind wichtig und wurden von uns auch eingehalten: nach 30,50,70 und 90 km.Inzwischen ist das Sitzorgan auch strapaziert, es ist zweckmäßig, bei den Abfahrten kurz aus dem Sattel zu kommen und im Stehen zu fahren. Wir erbringen hier sicher keine Leistung, die unser Herz-Kreislaufsystem überstrapaziert, aber ein Sonntagsnachmittagsausflug ist das auch nicht. Das Problem ist die Punktbelastung. In erster Linie der sitzende Teil, ständig ist der Druck von über 90 KG vorhanden auf kleiner Fläche. Dann die Oberschenkel, die die absolute Ausdauerleistung bringen müssen, dazu noch die Knie und das Hüftgelenk. Der Rest des Körpers kann ruhen. Dass wir bisher bei über 900 gefahrenen km so wenig Schwierigkeiten haben verwundert uns jeden Tag aufs Neue. Nach jeder Pause braucht es ca. 1 km, bis das Antriebssystem wieder rund läuft. Zurück zur heutigen Tour. Bisher kannten wir ja nur vom Hörensagen, dass es so etwas wie Gegenwind geben soll auf dieser Welt... Keine Erfahrung in 11 Radeltagen mit dieser Merkwürdigkeit. Heute endlich durften wir auch diese Erfahrung sammeln. Ha, was für ein "Vergnügen"! Man tritt ins Pedal und meint ca 22 km/h zu fahren und stellt entsetzt fest, es sind muntere 14. Na ja, das war nicht die ganze Zeit so... Der Höhepunkt kam nach 90 km. Sowohl der R 1 als auch beide Garmins waren sich ausnahmsweise mal einig: Rechts ab von der Straße nach Miedzychod. Und wir folgten brav, obwohl wir schon etliche km auf der Hauptstraße gestrampelt hatten. Nach einem passablen km dann das tiefe Eintauchen in schuhrandhohen Wühlsand. Jede Wanderdüne würde blass werden bei dem Anblick von diesem Mehl. Herrschaften, ich bin begeisterter Bergsteiger, mein Gleichgewichtsgefühl also m.E. sehr gut ausgeprägt, aber hier war ich machtlos und nicht fähig, mich auf dem Drahtesel zu halten. Lenkten wir leicht rechts, schlingerte das Hinterrad links und wir standen quer, abspringen, Versuch aufzusteigen, 1. Gang natürlich, treten, das Hinterrad dreht auf der Stelle durch und versinkt 10 cm im Feinstaubsand. Aussichslos, per Pedalantrieb voranzukommen!!! Schieben, hieß die Devise. Über 4 km Berge rauf, Berge runter, immer wieder Fahrversuche, die kurzfristig durch Querstehen unserer liebgewonnenen Rädchen beendet wurden. Über 1 km haben wir nach dem Motto gehandelt: wer sein Radelchen liebt, der schiebt. Wer auf die Idee gekommen ist, diese unfahrbare Sandwüste R 1 zu nennen hat wahrscheinlich noch nie ein Fahrrad unterm Hintern gehabt! So, jetzt ist auch die Überschrift erklärt: auf dem Sattel und daneben. Aber jetzt sitzen wir im Hotel Neptun, haben gerade vorzüglich gespeist, ein Gewitter baut sich auf der anderen Seite des Sees auf, die ersten Blitze zucken und es geht uns wieder gut. Mein erster Gang war AB IN DEN SEE und ne Runde schwimmen. Herrliche Erfrischung!! Heute Nacht werden wir nicht schlafen sondern den phantastischen Blick auf das Gewässer und den dahinter liegenden Kirchturm genießen.
Dann bis morgen.
ihr kommt ja planmäßig voran! Tolle Leistung!
AntwortenLöschenKurzweilig und informativ die täglichen Etappenberichte.
Für das Etappenziel am 25.05. in Emsdettens polnischer Partnerstadt Chojnice werdet ihr schon online angekündigt:
http://www.chojnice.com/wiadomosci/teksty/Na-rowerze-z-Niemiec-do-Litwy/4144
Bürgermeister Finster freut sich auf eure Ankunft.
Hier noch ein kleiner Bericht über den Tourstart in Saerbeck:
http://www.emsdetten.de/magazin/artikel.php?artikel=1621&type=2&menuid=10&topmenu=9
Weiterhin noch unfallfreie und trockene Fahrt nach Rietavas.
Klaus Osterholt
- Stadt Emsdetten -
Ein herzlicher Gruß aus dem Saerbecker Rathaus an die beiden Saerbecker Pedalritter.
AntwortenLöschenIch bin begeistert von euren Fotos und Berichten. Heriberts Texte sind äußerst kurzweilig; daraus könntet ihr mit allerlei Fotos einen prima Reisebericht zusammenstellen. Total klasse, dass wir hier zu Hause eure Radtour sozusagen "live" mitverfolgen können.
Heute nun Ankunft in Chojnice - ich bin auf Bilder und Bericht gespannt. Euch weiterhin alles Gute - und überstrapaziert die Schutzengel möglichst nicht.
Wir sehen uns in Litauen. Bis dann.
Fred Wieneke, Gemeinde Saerbeck