Samstag, 25. Juni 2011

Unsere Navi-Technik

Nachdem mein Radweggefährte Heribert unsere Erlebnisse so anschaulich und unterhaltsam beschrieben hat, möchte ich hier auf unsere technische Ausrüstung kommen. Gemeint ist die Tatsache, dass wir unseren Weg vollständig ohne die Hilfe von Papierkarten befahren haben und uns abends keine ernsthaften Gedanken über den nächsten Tag machen mußten. Wie war das möglich? Die Antwort: Mit Hilfe von GPS. Nachdem dieses Zaubermittel inzwischen fast in jedem Auto seinen Platz gefunden hat, beginnen sich entsprechende Navigationsgeräte vereinzelt auch ihren Platz bei der Durchführung von Radtouren (und Wandertouren) zu erobern. Momentan kann man noch nicht davon ausgehen, die gewünschte Route ohne Vorbereitung am Computer durch einfachen Knopfdruck am Navi befahren zu können, doch, wer sich wie ich die Mühe macht, den derzeitigen Entwicklungsstand dieser Technik zu nutzen, kann auf seinen Radtouren vollständig auf Papierkarten verzichten und weiß dennoch jederzeit, wo er sich gerade befindet. Im Internet findet der interessierte Leser reichhaltige Informationen, um die Methode des Tourenplanens usw zu erlernen, sodass ich an dieser Stelle ausschließlich Hinweise darauf geben werde, wo diese Infos zu finden sind:
Wir beide nutzten während der Tour Navigationsgeräte der Firma Garmin. Diese Geräte (GPSMap60, Nachfolger ist GPSMap62) zeichnen sich erstens durch ihre Robustheit und zweitens durch die Tatsache aus, dass sie Kartenmaterial anzeigen können, das kostenlos im Internet verfügbar ist. Das Kartenmaterial basiert auf den Daten des Projektes OPENSTREETMAP, mit dem schlaue Köpfe eine Möglichkeit geschaffen haben, die Kartendaten der gesamten Erdoberfläche durch jeden von uns zusammenzutragen und ebenso jedem von uns zur Weiterverwendung anzubieten, und zwar völlig kostenlos. Es beteiligen sich inzwischen viele freiwillige Begeisterte an diesem Projekt und haben z.B. in Deutschland eine Datenbank ermöglicht, die ein kommerzieller Hersteller an Aktualität und Genauigkeit kaum bieten kann. Aus dieser Fülle von Informationen wurden neben anderen Karten auch routingfähige Fahrradkarten erstellt, die bei der Planung der Radstrecke auch wirklich die vorhandenen Radwege nutzen und Autostraßen soweit wie möglich meiden. Ich habe bereits während der Tourvorbereitung am PC die entsprechende Radstrecke zum Reisebüro in der Nachbarstadt geplant, ohne jemals vorher dort gefahren zu sein. Unser Navi führte uns am betreffenden Tag entsprechend der geplanten Route auch durch Neubausiedlungen über kleine und unscheinbare Radwege, die wir ohne diese Hilfe nie und nimmer gefunden hätten und uns viel Zeit einsparten.
Angespornt durch diese Erfahrung war ich mir sicher, dass diese Art der papierlosen Navigation auch auf größeren Strecken funktionieren sollte...und sie funktionierte !!
Wer sich also für weitergende Informationen zu dem Thema interessiert, den möchte ich hier auf einige Seiten verweisen:
  • Anfänger, die mithelfen möchten, Kartenmaterial zu verbessern, finden hier Infos
  • Übersicht Radfahrkarte
  • Kartenmaterial zum Download und zur Installation (wird wöchentlich aktualisiert!) z.B. hier (Tourenradler) und hier (MTB-Fahrer).
  • Man kann auch Karten direkt auf die SD-Karte des Navis kopieren: siehe hier
  • Hiermit verschaffe ich mir einen Überblick über den Schwierigkeitsgrad geplanter Touren! Kann auch hervorragend zur Dokumentation aufgezeichneter Strecken genutzt werden.
Dies soll nur ein Anstoß sein, ansonsten einfach mal googeln !

Montag, 6. Juni 2011

Keine Königsetappe, kein radeln, nur noch feiern!!! Schlussbericht

So, das letzte Stündlein meiner Berichterstattung beginnt zu schlagen. Zu Hause in Saerbeck, an der eigenen Tastatur. Saerbeck hat uns wieder seit 14.00 Uhr. Begonnen hat der allgemeine Aufbruch der fliegenden Gemeinschaft um 3.15 Uhr heute morgen. Pünktlich um 4.00 Uhr verließ der Bus nach inniger Verabschiedung durch die zahlreichen Gastfamilien den Platz vor der riesigen Kirche und dem Rathaus in Rietavas. Der Flughafen der lettischen Hauptstadt Riga war nach ca. 4 Std. erreicht, der Ryanair-Flieger (Boing 737-800, 198 Sitzplätze) startete vollbesetzt und pünktlich Richtung Weeze/Niederrhein. Für mich immer wieder faszinierend ist die Schubkraft, die dieses 100 Tonnen schwere Fluggerät schneller beschleunigt als ein Porsche es kann! Wir waren noch nicht mal 1 Std. zu Hause, da tat sich ein gewaltiges Gewitter auf und innerhalb einer halben Stunde kamen 10 Liter/qm Regen auf die ausgedörrte Erde runter. So etwas haben wir in den vergangenen 3 Wochen während wir auf dem Fahrrad saßen nicht erlebt. Aber das ist ja nur die Schilderung vom Rückreisetag. Es gab ja auch noch Tage vorher seit meinem letzten Eintrag!!! Der Freitag begann mit einer festlichen Messe um 10.00 Uhr. Zum Schluss wurden Hansi und ich zum Altar gebeten und wir konnten die beiden Schecks von der Sparkasse Saerbeck und der Volksbank Saerbeck überreichen. Es sind unglaubliche (über) 3.000,-- Euro (Dreitausend!!) an Spenden und „km-Sponsorengeldern“ für die Arbeit im Altenheim in Rietavas zusammen gekommen!!! Ich möchte diese Gelegenheit nutzen, mich bei Allen, die dazu beigetragen haben ganz ganz herzlich zu bedanken. Wir hätten nie gedacht, dass so eine große Summe zusammen kommt!!! Der feierliche Festakt anläßlich des 10-jährigen Bestehens der Partnerschaft zwischen Saerbeck und Rietavas und des 5-jährigen Bestehens der Partnerschaft zwischen Rietavas und der lettischen Stadt Gulbene enthielt viele Ehrungen für Menschen, die sich um diese Freundschaften verdient gemacht haben. Eine besondere Ehrung wurde unserem Bürgermeister Wilfried Roos und dem langjährigen Vorsitzenden des Partnerschaftsvereins Hermann-Josef Willebrandt zuteil: Sie wurden beide zu Ehrenbürgern von Rietavas ernannt!!! Nachmittags wurden wir dann mit einem hochklassigen Konzert von verschiedensten Musikern aus Rietavas verwöhnt. Wir sind sehr beeindruckt von der hohen Qualität der Vortragenden. Bei mir rief besonders der Auftritt eines ca. 10-jährigen Jungen eine Gänsehaut nach der anderen hervor, der mit unglaublichem Stimmvolumen die Zuhörer zum Luft anhalten brachte! In Sachen Kultur steht Rietavas auf einem ganz hohen Niveau. Abends ging dann die Party ab… Für mich als begeisterten Tänzer ein totales Highlight. Ich möchte mich bei allen Tanzpartnerinnen entschuldigen, die ich vielleicht etwas aus der Puste gebracht habe… Nach kurzer Nacht wurde am Samstag feierlich das Jugendheim eröffnet. Es erstrahlt in vollem, neu renovierten Glanz und bietet für die offene Jugendarbeit eine hervorragende Grundlage. Und Direktorin ist die in Saerbeck noch sehr gut bekannte Virginia, die hier ein Jahr bei der Kolpingfamilie mitarbeitete, perfekt Deutsch spricht und vor Ideen nur so übersprudelt. Sie wird das Jugendheim sicher auch mit dem bei uns in Saerbeck erworbenen Wissen erfolgreich leiten. Wo wir gerade bei dieser äußerst sympathischen Virginia sind. Verehrte Leserschaft, könnt ihr Euch eigentlich vorstellen, was es bedeutet, wenn eine große Festversammlung aufeinander trifft, die so grundverschiedene Sprachen wie Deutsch und Litauisch spricht? Hier sind Dolmetscher gefragt, die rund um die Uhr ansprechbar sind. Eine war Virginia, die ihre in Saerbeck erworbenen und durch ihr Germanistikstudium vertieften Deutschkenntnisse perfekt anwenden konnte, die zweite war Vaida Wünsche, den Saerbeckern ja allen bekannt. Die nicht zu unterschätzenden umfangreichen Ansprachen der Offiziellen jeweils zu übersetzen ist eine großartige Leistung, die man gar nicht hoch genug einschätzen kann. Zum Teil hat Vaida dann auch noch die lettischen Ansprachen übersetzt. Da sie nicht die lettische Sprache spricht wurde dieses dann auf russisch abgehandelt. Vaida, alle Achtung vor Deiner Leistung. Spassiva und Ačiū!!! Ich kann gar nicht alle Punkte schildern, die wir erlebten. Die nicht dabei waren, haben wirklich etwas verpasst. Bei einem reifenquietschenden Auto-Geschicklichkeitsrennen jagten aufgemotzte und getunte Hoch-PS-Flitzer über den vor dem Rathaus gesteckten Parcours und die Bürgermeister von Saerbeck, Rietavas und Gulbene sowie Vaida Wünsche „durften“ als Beifahrer einmal mitfahren. Vaida blieb auch nichts erspart… Und Harald fragt sich wahrscheinlich, warum Vaida mit blauen Flecken übersät nach Hause kommt. Eine Saerbeck-Allee (Zarbeko-Aleja) gibt es nun auch in Rietavas, feierlich wurde das Straßenschild von Wilfried Roos und Antanas Cerneckis enthüllt. Abends dann das gemütliche Beisammensein mit unseren gastgebenden Familien und wir dürfen sagen: Freunden! Aus meiner Sicht: Leider wurde nicht mehr getanzt… Gegen 22.00 Uhr brachen die beiden Kleinbusse Richtung Saerbeck auf mit der wertvollen Fracht unserer Friedensreiter-Drahtesel beladen. Ich darf zurück schauend sagen, dass diese Reise mit dem Fahrrad über die weite Strecke ein einmaliges Erlebnis war. Die vielen Kontakte mit fremden Menschen, die wir erlebten, die herzliche Begrüßung in Jastrowie/Polen (Partnerstadt von Steinfeld), als uns Radler des Vereins „Stramme Kette“ erwarteten, die herzlichen Empfänge in Choinice (Partnerstadt von Emsdetten) und überwältigend in Rietavas werden uns immer im Gedächtnis bleiben. Wir leben in einer glücklichen Zeit, können Grenzen problemlos überwinden, dürfen und sollen Kontakte schließen mit Menschen in anderen Ländern, gewinnen Freunde, wir müssen uns nur dazu aufraffen und diese Gelegenheiten beim Schopf fassen. Sind wir uns eigentlich bewusst, wie gut es uns geht??? … Morgen werde ich mal wieder das vernachlässigte Rennrad satteln und zur „Entspannung“ über den Teuto fahren, ich bekomme sonst Entzugserscheinungen… Mich wundert, dass mein müdes Haupt nicht schon auf die Tastatur gesunken ist und ich still vor mich hinschnarche. Aber die Euphorie, die das Erlebte (nicht nur) bei mir ausgelöst hat, hält mich munter. Haltet Euch auch so. Und Dank an alle treuen Leser, die auch diesen letzten meiner Berichte noch bis hierhin in sich aufgenommen haben!Nun ist es Montag, 00.41 Uhr und ich sage ganz leise: Gute Nacht

Donnerstag, 2. Juni 2011

Koenigsetappe, die letzte!!!!!!!

Von Klaipeda nach Rietavas, 60 km

Verehrte Leserschaft!
Wir haben es geschafft!!! Wir sind in Rietavas angekommen. Ueber 1.700 km mit den Fahrraedern. Ich schreibe auf einer litauischen Tastatur, da fehlen einige Buchstaben oe, ue usw. Um 18.00 Uhr sollten wir an der Ortsgrenze empfangen werden. Ploetzlich kam uns Blaulicht entgegen, ca. 10 km vor Rietavas, gleich 2 Polizeifahrzeuge. Dazwischen 25 in Gelb gekleidete Radler, die uns zujubelten!!! Virginia, die ein Jahr in Saerbeck verbrachte war die perfekte Dolmetscherin. Von allen wurden wir herzlich begruest, ein Akkordeonspieler unterhielt die Gruppe, wir mussten erzaehlen und 100 Fragen beantworten. Dann wurden wir nach Rietavas eskortiert, trafen um 19.00 Uhr gleichzeitig mit den Busreisenden und den weiteren Fahrzeugen aus Saerbeck ein. Was war dort ein Stimmung! Eine Musikkapelle spielte, herzlichste Begruessung von ueber 100 Menschen . Ansprachen von den Buergermeistern aus Rietavas, Saerbeck und der lettischen Partnerstadt. Wir beiden Radler wurden extra geehrt, erhielten ein T-Shirt mit der Landkarte und der Route unserer Tour und eine Schaerpe. Dann wurde feierlich die von uns mitgefuehrte Urkunde vom Buergermeister von Rietavas unterzeichnet, so dass nun alle 5 Unterschriften komplett sind. Unterschrieben von den Buergermeistern aus Ferrieres, Saerbeck, Emsdetten, Choinice und Rietavas. Wir hoffen, mit unserer Aktion zur Verstaendigung unter den verschiedensten Menschen einen kleinen Beitrag geleistet zu haben. Nach litauischer Tradition wurde allen Brot mit Salz, dazu ein Klarer gereicht. Wir wurden Irena und ihren Eltern "zugeteilt", haben vorzueglich gespeist und Annelie sitzt mit unserer Gastgeberfamilie draussen im grossen Garten bei koestlichem Bier. Wir sind wieder einmal von der grossen Gastfreundschaft und Herzlichkeit der Menschen ueberwaeltigt! Morgen ist ab 10.00 Uhr bereits volles Programm, das dann anhalten wird bis naechsten Tag zum wecken... Mal sehen, wann ich in der Lage sein werde erneut zu schreiben. Wir sind jetzt einfach nur gluecklich!!!! Denkt morgen an uns!

Mittwoch, 1. Juni 2011

Königsetappe, der Reservetag

Von Klaipeda nach Palanga und zurück, 55 km, 2.17 Std. im Sattel

Vorsichtshalber hatten wir einen Reservetag in die Tour eingebaut, der uns bei evtl. größeren Reparaturen nützlich hätte werden können. Wir haben ihn zum Glück nicht benötigt. So konnten wir heute von Klaipeda aus nach Palanga radeln. Oh, welche Freude, welche Freude!!! Nach den 3 wie im Fluge vergangenen Wochen durfte ich wieder meine liebe Frau in die Arme schließen!!! Und der ganze Schub Saerbecker, die per Flugzeug angereist sind stand ebenfalls zu unserer Begrüßung parat, voll des Lobes über unsere Leistung. So gab es einen Nachmittag, ausgefüllt mit berichten und erzählen. Und was soll ich noch über das Wetter schreiben? Frischer Wind aus West blies uns Richtung Palanga, frischer Wind aus Ost schob uns am Abend zurück nach Klaipeda!!! Noch Fragen dazu? Ich könnte sie nicht beantworten, ich finde es einfach nur unglaublich! ... So langsam kommt Wehmut auf, weil diese grandiose Tour sich dem Ende zuneigt. Ein letztes Mal teilen Hansi und ich uns das Schlafgemach, morgen darf ich bei Annelie wieder mit unter die Decke. Und diese Berichte werden nun auch versiegen. Ob ich morgen noch dazu komme zu schreiben, ist noch nicht klar, auf jeden Fall wird es noch einen Abschluss meiner Berichterstattung geben. Also schaut noch mal rein ins Internet. Wir werden morgen um 18.00 Uhr jedenfalls in Rietavas empfangen. Und dann schaun mer mal... Ganz herzliche Grüße an meine treuen Leser!

Königsetappe, die 21.

Von Lesroy nach Klaipeda, 108 km, 5.49 Std. im Sattel

Die komplette Kurische Nehrung mit dem Fahrrad zu durchmessen hat schon was! Insgesamt sind das ca. 120 km, von denen wir heute auf 108 km unsere Treckings bewegten. Damit war das heute die längste Etappe. Und wir haben es beinahe nicht gemerkt. Denn 100 km schrecken uns nicht mehr! Wir sind trainiert und fit. Die Abfertigung an der russisch-litauischen Grenze ging zügig, an einen dt. Reisebus aus Bad Segeberg bin ich herangetreten mit der Aufforderung: "Hier ist jetzt die Deutsche Passkontrolle, her mit den Pässen!" Die haben sich ausgeschüttet vor Lachen. Den vorne sitzenden habe ich kurz unsere Tour erläutert und als ich mich dann verabschiedete griff die Reiseleiterin sofort zum Mikrofon und hat allen noch mal unsere Geschichte erzählt. Hansis Aufkleber mit der Internetadresse des Partnerschaftsvereins haben wir natürlich auch gleich mal überreicht. Wieder neue Fans gefunden! 4 km nach der Grenze bogen wir nach Nidda ab, Hansi hatte Kohldampf und ich radelte zum Thomas Mann Haus um das zu besichtigen. Kostet ja nur 1,20 Euro umgerechnet, ja umgerechnet. Dazu braucht man dann aber ein paar Litas. Wieder flirtete ein Geldautmat mit mir um mich dann schnöde zu versetzen, aber schon der 2. spuckte die gewünschte Menge bares aus. Aber zu spät für den Nobelpreisträger, der von 1930 -32 das Haus als seine Sommerresidenz nutzte, mit Blick von hoher Düne auf des Haff. Bei so einer Aussicht können einem Schriftsteller sicher gute Einfälle kommen. Noch auf russischer Seite haben wir Rossitten besucht. Mich interessierte, wie gestern schon erwähnt, die Vogelwarte. Haben wir auch tatsächlich gefunden, aber es gibt leider keine Besichtigungsmöglichkeit oder Informationen. In Nidda ist der R 1 auch wieder super ausgeschildert, allerdings heißt er hier 10. Ich hatte mir kurz vor der Grenze an einem russischen Rastplatz geräucherten Fisch gekauft für meine letzen Rubelchen, 180 an der Zahl, das sind ca. 4,50 Euro. Wie verhandelt man in so einer Situation? "Sprechen Sie Deutsch or english??" "Njet" Also die gesamte Barschaft vorzeigen, auf die Fische deuten und warten was passiert. Und siehe da, 2 ordentliche Kameraden der See verschwinden unverzüglich in einer Plastiktüte, mein Gesamtvermögen in Rubel verschwindet auch ganz hurtig. Mit einem freundlichen "Spassiwa" (=Danke) trennen sich unsere Wege auf Nimmerwiedersehen. Diese nun schon wieder auf dem Gepäckträger recht heiß gewordenen Köstlichkeiten, von Hansi zum meinem Glück naserümpfend verschmäht, wollen dann alsbald verzehrt werden. Ich w i l l in der Ostsee schwimmen, die Räucherlinge verzehren und im noch heißeren (als gestern) Sand liegen. Aber der R 1 oder jezt 10 führt uns auf der Haffseite voran. Wo keine Ostsee ist aber ein Haff, da wird der Kohldampf Sieger über die Vorsätze und schon reißt es meinen Lenker nach rechts bis ans Haffwasser. Hansi versinkt sofort nicht im Wasser, aber in tiefem Schlummer, ich will mich erst mal abkühlen und taste mich ins kühle Element. Und taste und taste mit den Füßen über 200 m geradeaus und mein, ja wie soll ich sagen, unterer Teil des Körpers bis zur Mitte ungefähr ist gerade mal mit Wasser bedeckt. Da heftiger Wind weht, natürlich aus Westen, was sonst, ist die Sicht ca. 10 cm im Wasser. Der Sand ist total aufgewirbelt. Na gut, nicht schwimmen und an Land die herrlichen Räuchererzeugnisse verputzen. Das wurde auch Zeit, es war schon 15.00 Uhr. Hansi drängte dann zum Aufbruch und ich schickte ihn schon mal vor, holte ihn aber auf den nächsten km nicht ein. Der R 1 oder 10 schlängelte sich durch die Dünen, überquerte die Hauptstr. Richtung Ostsee und so holte ich Hansi gar nicht mehr ein, denn das kühle, erfrischende Bad ließ ich mir nicht entgehen. Feinster Sand, über 30 Grad, kein Wölkchen am Himmel und ich bis zum Hals in den Wellen, allein auf weiter Flur. Der Traum schlechthin!!! Hansi kopfschüttelnd: " Wie kann man in so ein eiskaltes Wasser gehen?" Kurze tel. Absprache mit Hansi, er ist kurz vor der Fähre nach Klaipeda, früher Memel. Ich habe noch ca. 25 km. Um 18.33 Anruf von Hansi. "Die letzte Fähre geht um 19.00 Uhr, wo bist Du?" Ich habe noch genau 15 km, also reicht ein Schnitt von 30 km/h nicht aus. Aber ich kann mich mal richtig austoben und es versuchen... 14 Min. halte ich ein Tempo von über 30, aber die Dünen rauf und runter kosten Kraft, es wird nicht langen. Anruf Hansi. "Ich glaube, um 19.15 geht noch ne Fähre." Na dann, etwas Power rausnehmen und um 19.08 Uhr schieben wir unsere Friedensreiter-Drahtesel mit 100 anderen auf das schwimmende Deck. Es läuft einfach alles rund. Inzwischen hat Hansi auch entdeckt, dass es noch spätere Fähren gibt... Ich hatte ihn ausgiebig informiert, dass in Ostpreussen auch Elche ihre Fährte ziehen, die Forstämter Elchwald und insbesondere Rominten waren für ganz starkes Rotwild und auch Elche bekannt. Einem Jäger ein unerschöpfliches Thema, aber nur einem Jäger... "Hansi, auch auf der Nehrung gab (vielleicht gibt) es Elche!" Meine Augen jedenfalls waren immer in die Büsche gerichtet. Und was wiederfährt dem Nichtjäger bei seiner Alleinfahrt??? Eine Elchkuh samt Schmaltier (Kalb vom Vorjahr) stehen 10 m vor ihm, das Alttier geht hochflüchtig vor seinem Fahrrad auf die andere Seite, das Schmaltier hinter ihm. So anschaulich, wie er mir das berichtete scheint das kein Jägerlatein zu sein! Es gibt Sachen... Um 20.00 Uhr erreichten wir unser Hotel, so spät wie noch nie auf der Tour. Bei herrlich warmer Luft haben wir in der Stadt draußen in einem Biergarten gespeist und Hansi war so fertig, dass er nun schon seit 1,5 Std. schnarcht, dass die Heide wackelt! Er stellt morgen früh Bilder ein. Ich schieb mich nun auch langsam in die Deckung ein. Morgen ist ein gemütlicher Tag, denn wir hatten ja für alle Fälle einen Reservetag eingebaut, den wir gar nicht brauchten. Es gab keine zeitverzögernden Zwischenfälle. Und dann sind es noch 70 km bis ans Z I E L !!!!!!!! Rietavas, wir kommen am Donnerstag, macht schon mal ein Fass auf!!! Seid alle herzlichst gegrüßt.

Montag, 30. Mai 2011

Königsetappe, die 20.

Von Königsberg nach Lesroy, 49 km, 2.34 Std. im Sattel (wg. Schieben im Sand am Strand)
Nun war er in seiner Stadt, in König sberg, der Hansi, und es hat ihm und mir natürlich auch, sehr gefallen. Erstaunlich gut konnten wir die quirlige Großstadt hinter uns lassen und nach einem Abzweig von der Hauptstraße nach etwa 10 km von mäßigem Verkehr begleitet auf die Kurische Nehrung einbiegen. Nur 45 km bis zum nächsten Übernachtungsdomizil waren schnell geradelt. Hansi versuchte die Landung aus dem Fahrradsattel mit eingesprungener Waagepirouette, das misslang ein wenig. Er wollte unbedingt in einer Baustelle ein Foto schießen und übersah ein tiefes Schlagloch dabei. Nur ein kleiner Kratzer am Ellenbogen war die Folge. Das Handy, es überträgt immer wieder unseren Standort ins Internet, verabschiedete sich mit einem gewagten Hechtsprung und 3-fachem Salto in den Graben, blieb aber unversehrt. Nach ca. 5 km bemerkte Hansi, dass auch seine Wasserflasche sich aus der Halterung davon gemacht hatte. Etwas Schwund ist immer dabei... Nach dem Einchecken, das kleine Hotel liegt direkt am Haff, sprangen wir erneut auf die Räder um die Gegend zu erkunden und evtl. der Vogelwarte Rossitten einen Besuch abzustatten, Die jetzige Vogelwarte wird finanziell von der Heinz-Sielmann-Stiftung gefördert, da Mittel aus russischen Töpfen nur spärlich fließen. Nähere Infos unter: http://de.wikipedia.org/wiki/Vogelwarte_Rossitten So weit kamen wir aber gar nicht. Links von uns schimmerte die Ostsee durch den Wald und schwupps, bogen unsere tapferen Rollmaschinen ab und nach 300 m wälzten wir uns im feinen, heißen Sand bei 25 Grad im Schatten, strahlendem Sonnenschein und ganz leichtem Wellengang. He, sind wir auf den Malediven gelandet??? Würde mich mal einer zwicken, damit ich aus diesem Traum erwache??? Es ist nicht mehr zu beschreiben was wir hier erleben! Mehrfach tauchte ich in den kühlen Fluten unter und genoss diese Erfrischung in der glühenden Hitze, die uns das Tagesgestirn auf den Pelz brannte. Möglicherweise wird der heutige Sonnenbrand -trotz UV-Schutz-Schmiere- unsere größte "Verletzung" sein, die uns auf der Tour de Rietavas ereilt! Bis 19 Uhr suhlten wir uns in dem feinkörnigen Untergrund und nach dem Essen überquerten wir noch einmal die Nehrung und ließen ganz langsam den immer größer und roter werdenden Sonnenball im Silberglitzern der Ostsee versinken, Gänsehautfeeling pur!!! Uns erwartet morgen noch heißeres Wetter, etliche von Euch wohl schon der Flieger. Das Ende unserer Traumtour rückt immer näher, wir laufen ja morgen bereits in Litauen ein! Guten Flug wünschen wir der Schnellreisegruppe, Ihr dürft uns ruhig überholen. Hier unten auf der Kurischen Nehrung ist es viel schöner als bei Euch in Luft! Dann bis dann...

Sonntag, 29. Mai 2011

Königsetappe, die 19.

Von Frombork nach Kaliningrad, 74 km, 3.34 Std. im Sattel
Nun haben wir der EU den Rücken gekehrt für 2 Tage und sind in der russischen Enklave Königsberg gut angekommen. Königsberg!!! Und dann mit dem Fahrrad!!! Schon wieder so ein Highlight nach rund 1.400 km. Auf super zu befahrender Straße, Wind wie immer, war die EU-Außengrenze nach 20 km erreicht. Nach 5-maliger Pass- bzw. Pass/Zollkontrolle waren die Formalitäten in 40 Min. erledigt und wir waren in Russland. Immer wieder blinzelte das Frische Haff mit der Nehrung am Horizont durch die Bäume und mit einem Schnitt von fast 21 kmh, erreicht trotz Schieben beim Grenzübertritt und beim vorsichtigen Durchfahren der Innenstadt von Königsberg. Immerhin leben hier 422.000 Menschen. Wir werden also immer schneller mit unseren Tretomobilen! Da Königsberg im Krieg schwer geschädigt wurde sind nur ganz wenige historische Gebäude erhalten. Der Dom war ebenfalls von britischen Bomben stark beschädigt und die Ruine wurde dann ab 1992 wieder restauriert und aufgebaut. Ein gelungenes Beispiel für die Entwicklung nach der Perestroika. Mehr dazu unter: http://de.wikipedia.org/wiki/K%C3%B6nigsberger_Dom Es ist ja kaum zu glauben, aber Hansis Technik funktioniert tatsächlich auch in Russland. Meine leisen Zweifel gestern waren absolut unbegründet. So könnt Ihr Eure Gute-Nacht-Lektüre wie gehabt geniessen, sogar eine Stunde früher, denn wir müssen hier die Uhr um diese Stunde vorstellen. Wir frühstücken morgen bereits um 7.00 Uhr MESZ. Bei unserem Stadtbesichtigungsgang pirschte ich mich mehrfach vergeblich an mich freundlich anlächelnde Geldautomaten heran, ließ diese meine EC-Karte verschlucken und dann taten sie so, als wollten sie mir dienlich sein. Die Geheimzahl wurde mir auf deutsch oder englisch entlockt, sogar einen Betrag durfte ich in Auftrag geben, mit dem ich dann ein bescheidenes Abendmenue hätte bezahlen können. Aber dann! Angewidert spuckte ein Automat nach dem anderen meine Karte aus mit fadenscheinigen Begründungen: Karte nicht gültig, Betrag von ihrer Bank abgelehnt (Ich muss meine ehemaligen Kollegen mal fragen, ob sie ihre Finger im Spiel hatten...) u.ä. Wir sahen uns schon mit hungrigen Mägen schlaflos auf der Matratze winden oder vor lauter Not den Putz von der Wand fressen, auch das Abnagen der Tischkante wurde schon ernsthaft nin Erwägung gezogen, da leuchtete uns doch, als ehem. Sparkassenleiter wage ich es kaum zu schreiben, das Zeichen einer Volksbank einladend an. "Hansi, das ist mein letzter Versuch, danach kannst Du Deine Karte testen." Doch, oh Wunder, ohne langes Zaudern schob mir dieser freundliche Automat doch glatt 4000 Rubelchen durch Geldschlitz und fraß zudem nicht die Karte begierig auf, nein, mit freundlichem Blinken konnte ich sie wieder entnehmen und in den Abgrundtiefen meines Geldaufbewahrungsbehältnisses verschwinden lassen. Ha, der Abend war gerettet! Hungrig wie die Wölfe wären wir beinahe im Gasthof zur Goldenen Möwe gelandet. Wie, ihr kennt nicht die Goldene Möwe??? Manche nennen es auch MC Donalds oder so. Aber gerade rechtzeitig strahlte uns das Wörtchen Pizza entgegen, in für uns leserlichen Buchstaben. Man kommt sich schon ziemlich als Analphabet vor hier in Russland. Dazu ein halbes Literchen echtes tschechisches Budweiser Bier und das seelische Gleichgewicht war wieder hergestellt. Die Garmins werden hier natürlich immer wertvoller, man kann ja nicht mal die Straßennamen lesen! Morgen nun noch einmal eine kurze Etappe, wir übernachten auf der Kurischen Nehrung noch im russischen Teil, bevor es dann übermorgen über Nidda (bereits Litauen) nach Klaipeda, früher Memel geht. So, wie wir drauf sind könnten wir eigentlich weiter fahren bis St. Petersburg! Aber nu mal nicht größenwahnsinnig werden...wa? Wir sehen uns bald!!! Gutes Nächtle.